VdEW-Mitgliederversammlung am 20.04.2023 im Landhaus am See in Garbsen bei Hannover
Unsere diesjährige Mitgliederversammlung findet am 20.04.2023 im Landhaus am See in Garbsen bei Hannover statt. Alle Mitglieder sind sehr herzlich eingeladen. Die offiziellen Einladungen sind in dieser Woche versandt worden. Anmelden können Sie sich auch über unsere Internetseite.
Ende der Krankschreibung per Telefon
Ab April ist es nicht mehr möglich, sich telefonisch arbeitsunfähig krankschreiben zu lassen. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit Atemwegserkrankungen müssen deshalb ab 01.04.2023 für eine Krankschreibung wieder den Arzt aufsuchen.
Follow-up: Hinweisgeberschutzgesetz
Am 30.03.2023 sollte der Bundestag erneut über die von der EU vorgegebene Umsetzung des Hinweisgeberschutzes in deutsches Recht beraten. Kurzfristig wurde aber die Bundestagsabstimmung noch einmal vertagt. Im Ältestenrat des Bundestages verständigten sich die Fraktionen gestern darauf, das Thema kurzfristig von der Tagesordnung abzusetzen. Die Ampelfraktionen wollen noch einmal versuchen, sich mit der CDU/CSU zu einigen. Die CDU/CSU kritisiert das Vorhaben scharf. Die unionsregierten Länder befürchten bisher eine übermäßige finanzielle Belastung von kleinen und mittleren Unternehmen. Sobald wir hierzu Neuigkeiten bekommen, werden wir Sie unverzüglich weiter darüber unterrichten.
Nicht ernst gemeintes Angebot zur prozessualen Weiterbeschäftigung
Kündigungsschutzprozesse sind oft mit dem Risiko verbunden, dass ein Arbeitgeber im Fall der erfolgreichen Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers diesem für die Dauer der Nichtbeschäftigung über das Kündigungsfristende Verzugslohn zu zahlen hat. Um dieses Risiko zu minimieren, bieten Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer oft für die Dauer der Kündigungsschutzklage eine sog. prozessuale Weiterbeschäftigung an. Lehnt der Arbeitnehmer dieses Angebot ab, kann er im Fall der erfolgreichen Kündigungsschutzklage aufgrund des sog. „böswilligen Unterlassens von Zwischenverdienst“ keinen Verzugslohn von dem unterliegenden Arbeitgeber verlangen. Mit einer aktuellen Entscheidung des BAG hat dieses geprüft, ob das Angebot eines Arbeitgebers zur prozessualen Weiterbeschäftigung aber überhaupt ernst gemeint war (BAG, Urt. v. 29.03.2023 – Aktz.: 5 AZR 255/22).
Folgender Kündigungssachverhalt wurde vom BAG geprüft:
Der Kläger war seit dem 16.08.2018 bei der Beklagten als technischer Leiter beschäftigt und hat 5.250,00 Euro brutto monatlich verdient. Mit Schreiben vom 02.12.2019 sprach die Beklagte eine fristlose Änderungskündigung aus, mit der sie dem Kläger einen neuen Arbeitsvertrag als Softwareentwickler gegen eine auf 3.750,00 Euro brutto monatlich verminderte Vergütung anbot. Weiter heißt es in dem Kündigungsschreiben, „im Falle der Ablehnung der außerordentlichen Kündigung durch Sie (also im Falle, dass Sie von einem unaufgelösten Arbeitsverhältnis ausgehen) oder im Falle der Annahme des folgenden Angebots, erwarten wir Sie am 05.12.2019 spätestens um 12:00 Uhr MEZ zum Arbeitsantritt“. Der Kläger lehnte das Änderungsangebot ab und erschien auch nicht zur Arbeit. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2019 das Arbeitsverhältnis erneut und zwar „außerordentlich zum 17.12.2019 um 12:00 Uhr MEZ“. Ferner wies sie darauf hin, „im Falle der Ablehnung dieser außerordentlichen Kündigung“ erwarte sie den Kläger „am 17.12.2019 spätestens um 12:00 Uhr MEZ zum Arbeitsantritt“. Dem leistete der Kläger nicht Folge. In dem von ihm anhängig gemachten Kündigungsschutzprozess wurde rechtskräftig festgestellt, dass beide Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst haben.
Nachdem die Beklagte für den Monat Dezember 2019 nur noch eine Vergütung von 765,14 Euro brutto zahlte und der Kläger erst zum 01.04.2020 ein neues Arbeitsverhältnis begründen konnte, hat er Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs erhoben, mit der er die Zahlung des arbeitsvertraglich vereinbarten Gehalts abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes bis zum Antritt der neuen Beschäftigung verlangt. Er hat gemeint, die Beklagte habe sich im Streitzeitraum aufgrund ihrer unwirksamen Kündigungen im Annahmeverzug befunden. Eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu geänderten oder auch den ursprünglichen Arbeitsbedingungen sei ihm, sofern die Beklagte dies überhaupt ernsthaft angeboten habe, nicht zuzumuten gewesen. Die Beklagte habe ihm zur Begründung ihrer fristlosen Kündigungen in umfangreichen Ausführungen zu Unrecht mannigfaches Fehlverhalten vorgeworfen und seine Person herabgewürdigt. Sie habe ihrerseits geltend gemacht, eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei ihr unzumutbar. Dagegen hat die Beklagte gemeint, sie habe sich nicht im Annahmeverzug befunden, weil der Kläger während des Kündigungsschutzprozesses nicht bei ihr weitergearbeitet habe. Der Kläger sei selbst von der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ausgegangen, weil er im Kündigungsschutzprozess einen Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung gestellt habe.
Das BAG hat dazu folgendes ausgeurteilt:
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, weil er meint, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm nicht zuzumuten, bietet aber gleichzeitig dem Arbeitnehmer „zur Vermeidung von Annahmeverzug“ die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutzprozesses an, verhält er sich widersprüchlich. In einem solchen Fall spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint ist.