Ahoi bAV – VdEW und HPK im Dialog – Zu Gast in Hamburg

Am 29.03.2023 trafen sich Verbandsmitglieder unterschiedli­cher Unternehmen auf Einladung der Hamburger Pensions­kasse (HPK) in Hamburg, um sich zu verschiedenen Themen rund um die Materie Altersvorsorge zu beraten und auszutau­schen.

Neben interessanten Themen und anregenden Gesprächen machte der Rahmen die Veranstaltung zu einem außer­gewöhnlichen Event. Ein Treffen in Hamburg bedeutete in diesem Fall: Unterwegs auf den Kanälen, der Elbe und rund um den Hamburger Hafen. Gemeinsam stachen der VdEW und das Team der HPK, genauer gesagt der Hamburger Pensions­verwaltung (HAPEV) als verantwortlicher bAV-Dienstleister, auf einer Barkasse in „See“.

Das Kernthema Altersvorsorge wurde aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Unter der allgegenwärtigen Meta-Perspektive eines Absinkens des Rentenniveaus in Deutschland wurde u.a. besprochen und diskutiert über „Mitarbeiter-Benefits“ wie betriebliche Altersvorsorge und welche Lösungen diese bieten können.

Neben aktuellen Zahlen zur Wichtigkeit eines attraktiven Be­nefit Portfolios für die Gewinnung und vor allem Bindung von Fachkräften, ging es auch um die Notwendigkeit einer einfachen und deutlich sichtbareren Bewerbung der betriebli­chen Altersvorsorge. Das Team der HAPEV präsentierte dazu das Best Practice Beispiel einer Azubi-bAV-Kampagne sowie ein Produkt zur Erweiterung des Benefit Portfolios: Den Berufsschutz Plus, einer neuen Berufsunfähig­keitsabsicherung, mit der die Arbeitgeber der bayerischen Milchwirtschaft seit 2022 ihre Benefits erweitert haben.

Einfache, sichere und effiziente Lösungen betrieblicher Leistungen, dem Aktionsfeld der HAPEV, bergen enormes Potential. Dies wurde deutlich, als Möglichkeiten für den flexiblen Übergang in den Ruhestand thematisiert wurden – derzeit aufgrund der Diskussionen um höhere Renteneintritts­alter wieder brandaktuell.

Konzernprivileg und Europarecht

1 Abs. 3 AÜG regelt verschiedene wichtige Ausnahmen von den Pflichten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Zu diesen Ausnahmen gehört das Konzernprivileg nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG. Das AÜG findet keine Anwendung, wenn ein Unternehmen Arbeitnehmer an ein anderes Unternehmen desselben Konzerns überlässt und der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Das Konzernprivileg soll zwischen konzernverbundenen Unter­nehmen Flexibilität schaffen. Das LAG Niedersachsen hatte sich in seinem Urteil vom 12.01.2023 (5 Sa 212/22) nun mit der Frage zu beschäftigen, ob das Konzernprivileg überhaupt zur Anwendung gelangen kann oder ggf. europarechtswidrig ist.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger wurde in der Zeit vom 01.02.2019 bis Anfang November 2020, mithin länger als 18 Monate, von seiner Arbeitgeberin bei einem Konzernunternehmen leihweise eingesetzt. Trotz unbefristetem Beschäftigungsverhältnis bei seiner Arbeitgeberin klagte der Kläger auf Feststellung, dass mit dem Konzernunternehmen ein unbefristetes Beschäfti­gungsverhältnis gemäß § 10 AÜG zustande gekommen sei. Auf das Konzernprivileg könne sich das Unternehmen nicht berufen, da dieses europarechtswidrig sei.

Zum Hintergrund:

Voraussetzung für den Ausnahmetatbestand ist, dass der überlassene Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Nach der Gesetzesbegrün­dung soll das Privileg nicht greifen, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft in ein oder mehrere Konzern­unternehmen entsendet wird. Mit der Formulierung „eingestellt und beschäftigt“ sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass das Konzernprivileg auch dann ausscheidet, wenn sich erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses ergibt, dass der Arbeitnehmer nur noch zum Zwecke der Überlassung beschäftigt wird.

Hier setzt die Begründung des Klägers an. Durch die Verwendung des Wortes „und“ statt „oder“ ergebe sich aus dem Wortlaut der Norm, dass nur der Wille zur dauerhaften Überlassung bereits bei Einstellung das Konzernprivileg aus­schließe, nicht aber die spätere dauerhafte Beschäftigung zur Überlassung. Da Art. 1 Abs. 1 und 2 der RL 2008/104/EG eine unterschiedliche Behandlung von Leiharbeitnehmern, die bereits bei der Einstellung eine Verpflichtung zur Leistung von Leiharbeit eingehen, und solchen, die erst später eine entsprechende Verpflichtung eingehen, nicht zulasse, sei § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG nicht europarechtskonform.

Zur Entscheidung:

Das LAG Niedersachsen wies die Klage ab. Es stellt auf den Willen des Gesetzgebers ab, nach welchem der Wortlaut der Norm auszulegen sei. Danach ergebe die Auslegung, dass eben eine dauerhafte Beschäftigung zur Überlassung auch dann unzulässig sei, wenn sich dieser Wille erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses bilde, und nicht bereits bei Einstellung vorhanden war. Daher sei ein Widerspruch zur Richtline nicht gegeben.

Aufgrund der europarechtlichen Bedeutung der Frage hat das LAG Niedersachsen jedoch die Revision zum Bundesarbeits­gericht zugelassen. Es geht offenkundig davon aus, dass das Bundesarbeitsgericht vor einer Entscheidung den EuGH im Wege der Vorlage anrufen wird. Dies im Übrigen, obwohl das LAG selbst berechtigt wäre, dem EuGH Vorabentscheidungen vorzulegen.

Es bleibt abzuwarten, ob der Kläger Revision eingelegt hat. In diesem Fall ist hingegen eine Prüfung der Konformität des Konzernprivilegs mit den europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie durch den EuGH zu erwarten.

Außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmit­gliedes

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist ein Arbeitszeitbetrug grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Dass dieses Prinzip auch auf die Täuschung über geleistete Betriebs­ratstätigkeit anwendbar ist, entschied das Arbeitsgericht Lüneburg mit Urteil vom 05.04.2023 (2 BV 6/22).

In dem zugrunde liegenden Verfahren ging es um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes nach § 103 BGB. Das betroffene Betriebsratsmitglied reiste vom 08.11.2022 bis 10.11.2022 auf eine Betriebsrätetagung in Bonn. Die Kosten hierfür trug die Arbeitgeberin nach § 40 BetrVG. Für den 08.11.2022 und 09.11.2022 trug das Betriebsratsmitglied in der Zeiterfas­sungssoftware zudem Betriebsratsarbeit für jeweils mehrere Stunden ein. Im Nachgang stellte sich heraus, dass das Betriebsratsmitglied am 09.11.2022 die Veranstaltung verlas­sen und zu einem privaten Termin nach Düsseldorf gefahren war.

Nach Ansicht des ArbG Lüneburg stelle bereits das Verlassen der vom Arbeitgeber getragenen Betriebsrätetagung eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar. Zudem bestehe der dringende Verdacht des Arbeitszeitbetruges mit Blick auf die Eintragungen in der Zeiterfassung. Der Vortrag des Betriebs­ratsmitgliedes, er habe trotz der Fahrt nach Düsseldorf in den angegebenen Zeiten Betriebsratsarbeit geleistet, vermochte nicht zu überzeugen.

Im Ergebnis erachtete das Gericht eine außerordentliche Kündigung für rechtmäßig und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrates.

BKK Dachverband meldet Krankenstand für März 2023

Nach der Meldung des BKK Dachverbandes bewegt sich der Krankenstand für März 2023 auf Rekordniveau. Nach Auswer­tung des allgemeinen Krankenstands der 4,5 Millionen berufs­tätigen BKK-Versicherten lag der Gesamtkrankenstand bei 7,02 Prozent. Im Vergleich dazu ergaben die Krankenstände der letzten Jahre Werte zwischen 4,37 Prozent und 6,75 Pro­zent.

Dabei liegen die Krankmeldungen aufgrund Atemwegserkran­kungen mit 1,88 Prozent leicht unterhalb der letzten starken Grippe- und Erkältungswelle im März 2018 mit 1,94 Prozent. Auf Platz zwei der AU-Fallzahlen liegen die Muskel-Skelett-Erkrankungen (1,28 Prozent), gefolgt von psychischen Störungen (0,91 Prozent) und Verletzungen/Vergiftungen (0,56 Prozent). Im Verhältnis dazu ist der Krankenstand in Be­zug auf COVID-19 Diagnose mit 0,17 Prozent nur noch von untergeordneter Bedeutung.