BR-Vorsitzender kann als Datenschutzbeauftragter abberufen werden (BAG, 06.06-2023 – 3 AZR 282/19)
Das BAG hat entschieden, dass ein teilweise freigestellter Betriebsratsvorsitzender wegen einer Inkompatibilität der Ämter mit sofortiger Wirkung von seiner Stellung als Datenschutzbeauftragter abberufen werden kann.
Der Kläger war während seiner Tätigkeit als BR-Vorsitzender zum Datenschutzbeauftragten berufen worden. Auf Veranlassung des Thüringer Datenschutzbeauftragten wurde der BR-Vorsitzende aus wichtigem Grund abberufen, da die beiden Ämter nicht kompatibel seien. Der BR-Vorsitzende klagte gegen die Abberufung und machte geltend, seine Rechtsstellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter unverändert fortsetzen zu können. Die Arbeitgeberin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, Interessenkonflikte bei der Wahrnehmung der Aufgaben als Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsvorsitzender ließen sich nicht ausschließen, so dass aufgrund Unvereinbarkeit beider Ämter ein wichtiger Grund zur Abberufung des Klägers gegeben wäre.
Nachdem die beiden ersten Instanzen dem Betriebsratsvorsitzenden Recht gegeben haben, schloss sich das Bundesarbeitsgericht der Rechtsauffassung des Arbeitgebers an und wies die Klage ab. Der Widerruf der Bestellung vom 01.12.2017 war aus wichtigem Grund i.S.v. § 4f III 4 BDSG a.F. iVm. § 626 I BGB gerechtfertigt. Ein solcher liegt vor, wenn der zum Beauftragten für den Datenschutz bestellte Arbeitnehmer die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit i.S.v. § 4f II 1 BDSG a.F. nicht (mehr) besitzt. Die Zuverlässigkeit kann in Frage stehen, wenn Interessenkonflikte drohen. Ein abberufungsrelevanter Interessenkonflikt ist anzunehmen, wenn der Datenschutzbeauftragte innerhalb einer Einrichtung eine Position bekleidet, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Dies sei bei dem BR-Vorsitzenden gegeben, der als Mitglied des BR-Gremiums darüber mitentscheidet, unter welchen konkreten Umständen er in Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben welche personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber fordert und auf welche Weise er diese anschließend verarbeitet. In diesem Rahmen legt er die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten fest. Damit war aufgrund des bestehenden Interessenkonflikts die zur Erfüllung der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 4f II 1 BDSG a.F. nicht mehr gegeben.
Teilkündigung einer Homeoffice-Vereinbarung zulässig (LAG Hamm, Urteil vom 16.3.2023 – 18 Sa 83
Nach Beendigung der Corona-Schutzmaßnahmen wollen viele Unternehmen ihre Mitarbeiter zurück in den Betrieb holen. Auch stellt sich vielen Unternehmen die Frage, ob Homeoffice-Vereinbarungen mit einem Kündigungsrecht versehen können. So auch in dem Fall, den das LAG Hamm zu entscheiden hatte. Arbeitsvertraglich vereinbarten die Parteien zunächst, dass der Kläger grundsätzlich von zu Hause aus (Homeoffice) arbeiten kann. Am 29.11.2016 schlossen die Parteien eine „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Homeoffice“, in der u. a. Folgendes geregelt ist:
„(…) Ab dem 1.2.2017 oder früher wird der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung im Wesentlichen in seiner Wohnung erbringen. (…).
- 1 Arbeitsort / Häusliche Arbeitsstätte
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, nach Arbeitsbedarf auch in den Unternehmensräumen tätig zu werden. (…).
- 7 Beendigung der häuslichen Arbeit
Diese Vereinbarung endet spätestens mit dem Ende des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses, sofern sie nicht vorher durch eine der Parteien gekündigt wird.
Die Kündigung dieser Vereinbarung bedarf der Schriftform und muss unter Einhaltung einer Frist von einem Monat ausgesprochen werden. Mit Ablauf der Kündigungsfrist endet die häusliche Arbeit, so dass der Mitarbeiter verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen. (…).“
Nachdem der Kläger arbeitsunfähig erkrankt war, kündigte die beklagte Arbeitgeberin die Zusatzvereinbarung und forderte den Arbeitnehmer auf, seine Arbeitsleistung fortan im Betrieb zu erbringen. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer und berief sich auf die AGB-rechtliche Unwirksamkeit der Kündigungsregelung. Diese sei intransparent und verstoße gegen maßgebliche kündigungsrechtliche Regelungen.
Das Arbeitsgericht folgte der Argumentation des Arbeitnehmers, das LAG wies die Klage in der Berufungsinstanz jedoch ab.
Die Kündigungsregelung ist nicht unwirksam, denn die Homeoffice-Vereinbarung treffe lediglich Regelungen zum Arbeitsort. Wenn der Arbeitgeber diesen nach § 106 GewO bestimmen kann, dann könne dieser auch einer Kündigungsregelung unterworfen werden. Dies ist nach Auffassung des LAG Hamm weder unangemessen benachteiligend noch ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB, wonach vertraglich vorgesehene Leistungen des Arbeitgebers nicht in unzumutbarer Weise geändert werden dürfen. Bei der Gestattung, im Homeoffice arbeiten zu dürfen, handele es sich aber nicht um eine Leistung des Arbeitgebers. Vielmehr sei die Wirksamkeit der Regelung am Maßstab von § 106 GewO zu prüfen. Wenn dieser eine einseitige Vorgabe des Arbeitsortes zulasse, dann könne eine vertragliche Regelung über den Arbeitsort auch einer vertraglichen Kündigungsregelung unterworfen werden.
Die Entscheidung ist für die vertragliche Gestaltung von Homeoffice-Vereinbarungen wichtig und zu begrüßen.
Aktuelle Zahlen der Verbraucherpreise

Aktueller Tarifabschluss
In der Tarifschlichtung für den Abschluss der neuen Entgelttarifverträge für die Milchwirtschaft in Bayernwurde nach einem Schlichtungsverfahren folgendes Tarifergebnis zwischen dem Arbeitgeberverband der Bayrischen Ernährungswirtschaft e.V. und der Gewerkschaft NGG erreicht:
- Erhöhung der Löhne und Gehälter ab dem 01.08.2023 einheitlich um 310,- €.
- Erhöhung der Ausbildungsvergütungen zum 01.08.2023 in allen Ausbildungsjahren um 120,- €.
- Zahlung einer monatlichen steuer- und beitragsfreien Inflationsausgleichsprämie i. H. v. jeweils 600,- € in den Monaten Juni 2023 und Juli 2023 sowie zum 01.01.2024.
Mitarbeiter in Teilzeit erhalten die Inflationsausgleichsprämie entsprechend ihrer Teilzeitquote. Auszubildende erhalten jeweils 300,- €.
Laufzeit: 01.06.2023 – 31.05.2024 (12 Monate)
Auszubildende werden vor der schriftlichen Abschlussprüfung für einen Tag von der Arbeit/Ausbildung freigestellt, sofern Sie sich in diesem Zeitpunkt im Betrieb befinden.