Gesetzesvorschlag zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern in Arbeit …
Wir hatten in unserem NL 9/23 über die Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofes vom 10.01.2023 berichtet. Kurze Auffrischung: Der BGH stellte fest, dass die bei VW praktizierte Überzahlung der voll freigestellten Betriebsratsmitglieder strafrechtlich eine Verletzung nach § 93 AktG durch die Vorstandsmitglieder darstellte.
Die sich an diese Entscheidung anschließende mediale Aufmerksamkeit für das Thema hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgegriffen und eine Expertenkommission gebildet. Die Kommission besteht aus dem Präsidenten des Bundessozialgerichts, Prof. Dr. Rainer Schlegel, die ehemalige Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, und Prof. Dr. Gregor Thüsing.
Aufgabe der Kommission ist die Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages zur Reformation der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern. Die Vergütung soll künftig “fair, nachvollziehbar und rechtssicher” sein.
… und zur Frage, ob eine Gehaltskürzung bei Betriebsratsmitgliedern eine Umgruppierung ist
Aufgrund der vorgenannten Entscheidung stehen vielfach die Vergütungen der Betriebsratsmitglieder auf dem Prüfstand. Kein Unternehmer möchte sich dem Vorwurf strafbaren Handels stellen müssen, weil ein Betriebsratsmitglied zu viel verdient.
Bei einem Unternehmen in Mannheim führte dies dazu, dass das Unternehmen dem Betriebsratsvorsitzenden die Vergütung kürzte und den Dienstwagen entzog. Der Vorsitzende war ursprünglich vor seiner Freistellung als Schlosser tätig und wurde tariflich vergütet. Zuletzt entsprach seine Vergütung nebst Dienstwagen dem Verdienst eines außertariflich Angestellten.
Der Betriebsrat sah sich in seinem Recht aus § 99 BetrVG verletzt. Schließlich stelle diese Kürzung eine Umgruppierung dar, für welche die Zustimmung des Betriebsrates notwendig sei.
Über diese Frage entschied das LAG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 26.05.2023 (12 TaBV 1/23). Das LAG wies das Begehren des Betriebsrates zurück. Die Vergütung richte sich aufgrund der vollen Freistellung nach § 37 BetrVG und sei damit „nur“ eine Rechtsanwendung, kein Gestaltungsakt wie eine Umgruppierung. Es gehe nicht um die Bewertung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers nach dem einschlägigen Tarifwerk, sondern um die Bemessung des Ersatzentgeltes für die ehrenamtliche Tätigkeit, welche nicht tarifvertraglich eingruppiert werden könne.
Der Betriebsrat ist somit nicht mitbestimmungspflichtig bei der Entscheidung, wie viel Entgelt voll freigestellte Betriebsratsmitglieder erhalten.
Allerdings hat das LAG die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Arbeitnehmer haften nicht für Vermittlungsprovision
Die Personaldienstleistungsunternehmen nehmen für sich in Anspruch, viel Zeit und Energie aufzuwenden, um neue Mitarbeiter zu finden. Daher werden mit den Entleihunternehmen Provisionsabsprachen getroffen, wonach das Entleihunternehmen dem Personaldienstleister einen Abwerbebetrag zur Verfügung stellen muss, sollte der Leiharbeitnehmer beim Entleiher einen Arbeitsvertrag erhalten.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun in einem Fall entschieden, inwieweit solche Kosten auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden können.
Das Entleihunternehmen regelte in dem Arbeitsvertrag, dass der Arbeitnehmer die an das Personaldienstleistungsunternehmen für seine Vermittlung geleistete Vermittlungsprovision der Arbeitgeberin zu erstatten habe, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf eines Jahres beendet werden würde. Es kam wie es kommen musste, vor Ablauf der vereinbarten Zeit kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis. Die Arbeitgeberin rechnete die zu erstattende Vermittlungsprovision gegen das Entgelt des Arbeitnehmers auf. Der Arbeitnehmer klagte auf Zahlung.
Argument: Der Arbeitnehmer werde unangemessen benachteiligt, wenn er für die Vermittlungsprovision einstehen müsse.
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht (Urteil vom 20.06.2023, 1 AZR 265/22). Der Arbeitnehmer sei in seiner nach Art. 12 GG gesicherten Berufsfreiheit behindert, wenn er seinen Arbeitsplatz aufgrund des Damoklesschwertes der drohenden Provisionserstattung nicht frei wählen könne. Hierzu habe die Arbeitgeberin keine Veranlassung, denn das Risiko, dass sich die finanziellen Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht “lohnen”, trage ohnehin die Arbeitgeberin. Teil dieses Risikos sei eben auch die Vermittlungsprovision an den Personaldienstleister.
Ende der Sonderregeln bei Kurzarbeit
Mit dem 30.06.2023 enden die Sonderregeln für den Bezug von Kurzarbeitergeld aus Anlass der Corona-Pandemie.
Zum erleichterten Bezug von Kurzarbeitergeld hatte die Bundesregierung befristete Änderungen geschaffen. Ab dem 01.07.2023 gelten wieder die Bedingungen aus der Zeit vor der Pandemie.
Hier noch einmal die wesentlichen Unterschiede im Überblick:
BIS 30.06.2023 | AB 01.07.2023 |
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– mind. 10 % der Beschäftigten im Betrieb müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein | – mind. 1/3 der Beschäftigten im Betrieb müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein |
– kein Aufbau von Minusstunden notwendig | – vorrangiger Aufbau von Minusstunden |
– Anspruch auch für Leiharbeitnehmer | – kein Anspruch für Leiharbeitnehmer |
ANG-Wirtschaftsdaten Juni 2023
Auf der Startseite unserer Homepage sowie unter Wirtschaftsinformationen finden Sie die aktuellen ANG-Wirtschaftsdaten für Juni 2023.
Aktueller Tarifabschluss
Am 26.06.2023 konnte in der ersten Verhandlungsrunde zwischen dem Arbeitgeberverband der Bayrischen Ernährungswirtschaft e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten für die Beschäftigten der Nährmittelindustrie Bayern folgender Tarifabschluss erzielt werden:
- Erhöhung der Tarifentgelte zum 01.07.2023 um je 250,- €
- Erhöhung der Ausbildungsvergütungen ab dem 01.07.2023 um je 75,- €
- Laufzeit: 01.07.2023 – 30.06.2024 (12 Monate)
Diesen und weitere Tarifabschlüsse finden Sie auf unserer Homepage unter VdEW-intern, Tarifnachrichten.