save-the-date: 34. Verbandsseminar vom 11.-12.09.2023 in Quedlinburg
In diesem Jahr findet das Verbandseminar endlich wieder in Sachsen-Anhalt statt! Im wunderschönen Quedlinburg am Harzrand freuen wir uns auf spannende Themen und das Zusammensein mit Ihnen. Merken Sie sich gerne schon einmal den 11. und 12. September vor. Die offizielle Einladung erhalten Sie in den nächsten Tagen.
Offene Videoüberwachung – Kein Verwertungsverbot
In seiner Entscheidung vom 29.06.2023 (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22) hatte sich das BAG mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Videoaufnahmen aus einer offenen Videoüberwachung beim Arbeitgeber, die nicht den datenschutzrechtlichen Vorschriften entsprach, in einem Kündigungsprozess verwertet werden können.
Der klagende Arbeitnehmer war bei der Beklagten zuletzt als Teamsprecher in der Gießerei beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis, weil sie dem Arbeitnehmer einen Arbeitszeitbetrug vorwarf. Dieser behauptete, eine sog. Mehrarbeitsschicht geleistet zu haben. Die auf einen anonymen Hinweis hin erfolgte Auswertung der Aufzeichnungen einer durch ein Piktogramm ausgewiesenen und auch sonst nicht zu übersehenden Videokamera an einem Tor zum Werksgelände ergab aber, dass der Arbeitnehmer dieses noch vor Schichtbeginn wieder verlassen hat. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Die Vorinstanzen hatten der Kündigungsschutzklage stattgegeben, weil Sie einen Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Vorschriften (die Videoaufnahmen waren zu lange gespeichert worden) annahmen, aus denen ein Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot folgen würde. Die Videoaufnahmen und der Vortrag, der Kläger habe das Werksgelände wieder unmittelbar vor Schichtbeginn verlassen, durften nach Auffassung der Vorinstanzen daher im Kündigungsschutzprozess nicht berücksichtigt werden.
Das BAG sah dies anders und wies das Verfahren an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses musste nicht nur das Vorbringen der Beklagten zum Verlassen des Werksgeländes durch den Kläger vor Beginn der Mehrarbeitsschicht zu Grunde legen, sondern ggf. auch die betreffende Bildsequenz aus der Videoüberwachung am Tor zum Werksgelände in Augenschein nehmen. Ein Verstoß gegen die DSGVO führt nach Auffassung des BAG nicht zwingend zu einem Verwertungsverbot. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Datenerhebung wie hier offen erfolgt und vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht. In einem solchen Fall ist es grundsätzlich irrelevant, wie lange der Arbeitgeber mit der erstmaligen Einsichtnahme in das Bildmaterial zugewartet und es bis dahin vorgehalten hat.
Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen.
GmbH-Geschäftsführer haften in Insolvenz nicht persönlich für Mindestlohn
Zahlt eine GmbH ihren Arbeitnehmern nicht den gesetzlichen Mindestlohn, haften für den Schadensersatz nicht die Geschäftsführer, so das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 30.3.2023 -8 AZR 120/22).
Ein technischer Zeichner nahm zwei Geschäftsführer einer zahlungsunfähigen GmbH persönlich auf Schadenersatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von rund 1.600 € in Anspruch. Er hatte im Juni 2017 an 22 Arbeitstagen keinen Lohn erhalten. Im November desselben Jahres eröffnete das Amtsgericht Gera das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens.
Zwar müssen die Geschäftsführer bei Verstößen gegen das MiLoG möglicherweise ein Bußgeld zahlen. Doch der Bußgeldtatbestand ist kein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmer der Gesellschaft im Verhältnis zum Geschäftsführer.
Wie schon zuvor das Arbeitsgericht Gera und das Landesarbeitsgericht Thüringen hat nun das BAG einen Schadensersatzanspruch gegen die Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB OWiG in Verbindung mit § 1 MiLoG verneint. Die Geschäftsführer sind dem ehemaligen Mitarbeiter nicht persönlich zum Schadensersatz verpflichtet.
Der Bußgeldtatbestand nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 in Verbindung mit § 20 MiLoG sei kein Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer im Verhältnis zu den Geschäftsführern.
Die Annahme eines Schutzgesetzes würde nämlich dazu führen, dass Geschäftsführer von Arbeitnehmern selbst bei nur (leicht) fahrlässiger Verwirklichung des Bußgeldtatbestands nach § 823 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in Anspruch genommen werden könnten. Das Haftungssystem des GmbHG, in dem es eine allgemeine Durchgriffshaftung auf die Geschäftsführer der Gesellschaft gerade nicht gibt, würde für den Bereich der Vergütungspflicht des Arbeitgebers vielfach durchkreuzt, so das BAG. Eine zivilrechtliche Haftung der für den Arbeitgeber handelnden Organe sehe der Gesetzgeber nicht vor.
Aktuelle Tarifabschlüsse
Am 24.07.2023 haben sich der Arbeitgeberverband Ernährung und Genuss Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten auf folgenden Tarifabschluss für die Beschäftigten der Molkereien Hessen sowie für die Milchindustrie Rheinland-Nassau verständigt:
- Erhöhung der Entgelte ab dem 01.09.2023 um jeweils 165,00 € und ab dem 01.03.2024 um weitere 2,5 %.
- Die Ausbildungsvergütungen steigen zum 01.09.2023 in allen Ausbildungsjahren um 100,00 € und ab dem 01.03.2024 um weitere 25,00 €.
- Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie i. H. v. 300,00 € im Monat August 2023. Azubis erhalten den hälftigen Betrag, Teilzeitbeschäftigte anteilig.
- Laufzeit: 01.07.2023 – 30.06.2024
Am 25.07.2023 haben sich der Arbeitgeberverband der Bayrischen Ernährungswirtschaft e. V. (abe) und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten auf den nachfolgenden Tarifabschluss für die Beschäftigten der Erfrischungsgetränke- und Mineralbrunnenindustrie und des einschlägigen Handels sowie der Essenzenindustrie in Bayern geeinigt:
- Ab dem 01.01.2024 erhöhen sich die Entgelte einheitlich über alle Entgeltgruppen um 241,00 €. Das Eckentgelt (Bewertungsgruppe V -100,00 %-, OK I) beträgt neu 3.503,00 €..
- Ab dem 01.12.2024 erhöhen sich die Entgelte um weitere 3,9 %, mindestens jedoch um 136,00 €. Das neue Eckentgelt (Bewertungsgruppe V -100,00 %-, OK I) beträgt 3.639,61 €.
- Die Ausbildungsvergütungen erhöhen sich ab dem 01.01.2024 um 100,00 € sowie zum 01.12.2024 um weitere 75,00 €.
- Ferner erfolgt die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie im Monat August 2023 i. H. v. 1.500 €, sowie weitere 500,00 € jeweils im März 2024, Juni 2024 und September 2024. Auszubildende erhalten die Inflationsausgleichsprämie jeweils hälftig.
- Laufzeit: 01.09.2023 – 31.08.2025 (24 Monate)
Diese und weitere Tarifabschlüsse finden Sie unter VdEW-intern, Tarifnachrichten.