Schriftform auf dem Rückzug!
Das Bundeskabinett hat am 30.08.2023 die von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen. Das Eckpunktepapier sieht für das Arbeitsrecht folgende Neuerungen vor:
Schriftformerfordernisse: Die Elektronische Form soll im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Regelform werden. Deshalb sollen zahlreiche Schriftformerfordernisse soweit wie möglich aufgehoben werden.
Arbeitsverträge: Im Nachweisgesetz soll eine Regelung geschaffen werden, wonach bei schriftlichen Arbeitsverträgen die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Ausgenommen werden sollen die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.
Zeugnis: Für die Regelung zur Erteilung von Arbeitszeugnissen in § 630 BGB soll ebenfalls die elektronische Form ermöglicht werden.
Arbeitszeit: Das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz soll mit dem Ziel angepasst werden, dass die jeweiligen Aushangpflichten durch den Arbeitgeber auch erfüllt werden, wenn dieser die geforderten Informationen über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik (etwa das Intranet) elektronisch zur Verfügung stellt, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz: Die Schriftformerfordernis im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit soll durch die Textform ersetzt werden.
Gehaltsverhandlungsfreiheit des Arbeitgebers
Verstößt der Arbeitgeber gegen eine Betriebsvereinbarung zu Gehaltsbändern, wenn er ein deutlich darüber hinaus gehendes Gehalt vereinbart? Diese Frage hatte indirekt das LAG Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 02.05.2023 (8 TaBV 17/22) zu beantworten.
Im Betrieb der Arbeitgeberin besteht eine Betriebsvereinbarung zur Vergütung von außertariflichen Angestellten. Darin sind Gehaltsbänder vereinbart, die eine maximale Bandbreite und damit, so die Sicht des Betriebsrates, eine maximale Vergütung vorsehen. Die Arbeitgeberin hatte einzelvertraglich mit einem Angestellten eine Vergütung oberhalb dieser Maximalgrenze vereinbart. Mit diesem Argument verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur Eingruppierung nach § 99 BetrVG.
Das Gericht sprach der Arbeitgeberin Recht zu. Die Höhe der Vergütung des einzelnen Arbeitnehmers ist der Regelungsmacht der Betriebsparteien entzogen. Deshalb ist der Arbeitgeber generell nicht verpflichtet, dem Betriebsrat über die Angaben zur Eingruppierung hinaus auch die Höhe des Gehalts des einzugruppierenden Arbeitnehmers mitzuteilen. Der Betriebsrat sei nicht befugt, der Arbeitgeberin die arbeitsvertragliche Vereinbarung höherer Gehälter im Einzelfall zu untersagen. Die Arbeitgeberin durfte mit dem Arbeitnehmer eine für diesen im Vergleich zur Betriebsvereinbarung günstigere Regelung vereinbaren.
Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – und Bahnfahrten
Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28.02.2022. Ab dem 20.09.2021 war der Kläger bis zum 21.02.2022 auf Basis mehrerer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen arbeitsunfähig erkrankt. Die Genesung erfolgte pünktlich zum Antritt des Resturlaubes am 22.02.2022. Am 09.02.2022 fuhr der Kläger 10 Stunden mit dem Zug zu seinem Hauptwohnsitz nach Süddeutschland.
Die Arbeitgeberin fand, zumindest die Arbeitsunfähigkeit ab dem 09.02.2022 sei zu bezweifeln, und zahlte keine Entgeltfortzahlung. Wer arbeitsunfähig sei, könne wohl kaum 10 Stunden Zug fahren. Zudem sei die Genesung pünktlich zum Urlaub auffällig.
Zu Unrecht, fand das LAG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 13.07.2023 (5 Sa 1/23). Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert, wenn nach Maßgabe eines verständigen Arbeitgebers belastbare Tatsachen vorhanden sind, die erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers belegen. Meldet sich ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung „postwendend“ krank, kann dies ebenfalls – als eines von mehreren Elementen – im Rahmen einer Gesamtschau zur Erschütterung des Beweiswertes einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führen.
Eine lange Bahnfahrt sei jedoch nicht geeignet, den Beweiswert zu erschüttern. Eine Bahnreise erfordere weder Konzentration noch körperliche Anstrengungen und ist daher nicht mit der Erbringung einer Arbeitsleistung oder z.B. sportlicher Aktivität zu vergleichen. Auch der Urlaubsantritt sei unschädlich. Der Arbeitnehmer könne selbst entscheiden, ob er den Urlaub zur Genesung nutzt oder den Urlaub nach § 9 BurlG zurück fordert.
Einladung zur Wirtschaftsdelegation nach Israel
Die Dienstleistungsgesellschaft der Norddeutschen Wirtschaft lädt zur Wirtschaftsdelegation nach Israel vom 12. – 17.11.2023 ein. Während der Reise werden Einblicke in die Kernbereiche Cyber-Security & Cyber-Defense, Food-Tech sowie künstliche Intelligenz gewährt. Hierzu erhält die Delegation Zugang zu diesen innovativen Technologien durch exklusive Treffen mit Branchenführern wie NVIDIA und XM Cyber.
Eine verbindliche Anmeldung ist bis spätestens 26.09.2023 erforderlich. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, werden die Plätze nach Reihenfolge der Anmeldung vergeben. Die Anmeldung erfolgt über folgenden Link:
VdEW Homepage: VdEW Intern – Wirtschaftsinfos
Wir weisen an dieser Stelle auf die neue Version 20.1 von Juli 2023 zu „Aushangpflichtige Arbeitsschutzgesetze“ hin. Zur Vorversion von Februar 2023 gab es einige redaktionelle Anpassungen.
Die Lang- sowie die Kurzfassungen stehen zum Download auf unserer Internetseite unter VdEW Intern und dort unter Wirtschaftsinformationen für Sie bereit.