34. Verbandsseminar am 11.09. und 12.09.2023: Vorträge sind online
Am 11. und 12.09.2023 fand unser 34. Verbandsseminar für Personalleiter/innen im Romantikhotel am Brühl in Quedlinburg statt. Die Vorträge beider Tage finden Sie in dem internen Bereich unserer Homepage unter Wirtschaftsinformationen.
Hausverbot für Betriebsratsvorsitzenden
Das LAG Hessen hatte sich in zweiter Instanz mit der Frage zu beschäftigen, ob einem Betriebsratsvorsitzenden wegen des Verdachts einer begangenen Strafbarkeit rechtmäßig ein Hausverbot erteilt werden könne. Ein Eilantrag des Betriebsrats beziehungsweise dessen Vorsitzenden auf ungehinderten Zugang war erstinstanzlich erfolgreich, sodass die Arbeitgeberin Beschwerde einlegte. Zugrunde lag der folgende Sachverhalt:
Ein Flughafen-Catering-Unternehmen erteilte dem Betriebsratsvorsitzenden ein Hausverbot, weil dieser eine Urkundenfälschung begangen haben soll. Der Betriebsratsvorsitzende hatte im Vorzimmer der Betriebsleitung mit einem Eingangsstempel Betriebsratsunterlagen abgestempelt, nachdem Mitarbeiter der Personalabteilung und der Betriebsleiter die Annahme dieser Unterlagen verweigert hatten. Die Arbeitgeberin erstattete daraufhin Strafanzeige gegen den Betriebsratsvorsitzenden und sprach ihm ein Hausverbot aus. Sie leitete ferner beim Arbeitsgericht ein Verfahren auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat ein.
Das Hessische LAG wies die Arbeitgeberbeschwerde zurück. Zur Begründung führte es aus, die Verweigerung des Zutritts des Betriebsratsvorsitzenden zum Betrieb durch Ausspruch eines Hausverbots stelle eine Behinderung der Betriebsratsarbeit dar. Nach den Vorgaben des BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Bei ganz schwerwiegenden Pflichtverletzungen müsse der Arbeitgeber selbst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts beim Arbeitsgericht stellen. Bei der Bewertung komme es nicht auf die strafrechtliche Betrachtung an, sondern darauf, ob die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern unzumutbar beeinträchtigt sei. Eine derart gravierende Störung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die eine Behinderung des Zugangs des Betriebsratsvorsitzenden bis zum rechtskräftigen Abschluss des Amtsenthebungsverfahren rechtfertigen könnte, sei im Übrigen nach den Umständen des Falles nicht festzustellen.
Gegen die Entscheidungen des LAG im einstweiligen Verfügungsverfahren besteht kein weiteres Rechtsmittel. Der Beschluss ist damit rechtskräftig.
Generelle Freistellung von Früh- und Spätschichten sowie Samstagsarbeit wegen Kinderbetreuung
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat am 13.07.2023 – 5 Sa 139/22 eine Entscheidung über ein Teilzeitbegehren einer Arbeitnehmerin mit interessanter Begründung getroffen:
Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Kinderbetreuung Rücksicht nehmen. Dem können jedoch betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. Eine alleinerziehende Arbeitnehmerin hat aber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber andere Beschäftigte für die ungünstigen Schichten einteilt, so das LAG Mecklenburg-Vorpommern.
Eine Beschäftigte arbeitete als Bäckereiverkäuferin in einer Filiale ihres Arbeitgebers. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden. Laut Arbeitsvertrag durfte die Mitarbeiterin in sämtlichen Filialen des Arbeitgebers eingesetzt werden. Außerdem war sie verpflichtet, im gesetzlich zulässigen Rahmen Sonntags-, Feiertags- und Mehrarbeit zu leisten.
Im Juli 2020 brachte die Arbeitnehmerin Zwillinge zur Welt. Im Dezember 2021 beantragte die Beschäftigte, ab Januar 2022 nur noch an den Wochentagen Montag bis Freitag (also nicht mehr samstags) und nur noch zwischen 7:40 Uhr und 16:40 Uhr eingesetzt zu werden. Darüber hinaus beantragte sie zum 01.04.2022 eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochen-stunden. Nur so lasse sich ihre Berufstätigkeit mit ihren Betreuungspflichten als alleinerziehende Mutter vereinbaren. Der Arbeitgeber stimmte der Arbeitszeitverkürzung zu, lehnte jedoch die beantragte Arbeitszeitverteilung ab.
Die LAG-Richter befanden, die Mitarbeiterin habe gemäß § 8 Abs. 4 TzBfG keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber zusammen mit der Arbeitszeitverringerung auf 35 Wochenstunden der gewünschten Arbeitszeitverteilung zustimmen müsse.
Das Organisationskonzept des Arbeitgebers werde bestimmt durch die Öffnungszeiten der Filialen. Diesem Konzept steht die von der Arbeitnehmerin gewünschte Verteilung der Arbeitszeit entgegen. Das bisherige Schichtmodell mit einer annähernd gleichen Belastung aller Mitarbeiterinnen durch einen regelmäßigen Wechsel käme nicht mehr in Betracht. Der Arbeitgeber wäre gezwungen, den Einsatz aller Beschäftigten von Grund auf neu zu organisieren. Die von der Mitarbeiterin gewünschte Verteilung der Arbeitszeit führe daher nicht nur zu einer geringfügigen, sondern zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Organisationskonzepts.
Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer nicht entgegenstehen.
Es sind aber nicht nur die Interessen einzelner Beschäftigter, sondern diejenigen aller betroffenen Beschäftigten zu berücksichtigen.
Der Arbeitgeber darf sich bei der Abwägung auf die ihm ohne weiteres nachvollziehbaren persönlichen Umstände der Beschäftigten beschränken, ohne die familiären Verhältnisse in ihren Einzelheiten näher erforschen zu müssen. Er muss sich nicht vor Erstellung des Schichtplans nach den jeweils aktuellen persönlichen Lebensverhältnissen seiner Beschäftigten erkundigen oder diese sogar überprüfen. Das ist ihm schon aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre seiner Beschäftigten verwehrt.
In der Regel könne auch nicht zuverlässig festgestellt werden, welche Anstrengungen seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeweils unternehmen bzw. unternehmen müssen oder können, um die Kinderbetreuung sicherzustellen. Insbesondere ist der Arbeitgeber nicht in der Pflicht zu prüfen, ob es nicht doch zumutbare anderweitige Möglichkeiten einer Betreuung gibt, sei es durch den anderen Elternteil, Lebenspartner, Angehörige, Verwandte, Freunde etc. oder eben durch Dienstleister wie Kindertagesstätten oder Tagesmütter.
Dass es anderen Mitarbeiterinnen gelingt, ihre arbeitsvertraglichen und ihre familiären Pflichten miteinander zu vereinbaren, rechtfertigt es nicht, diese durch die vermehrte Zuweisung ungünstiger Schichten zusätzlich zu belasten und gegenüber einer alleinerziehenden Arbeitnehmerin zu benachteiligen.
Praxishinweis:
Während es für den Arbeitgeber regelmäßig rechtlich schwierig ist, im Rahmen eines Teilzeitantrags entgegenstehende betriebliche Gründe gegen die Reduzierung der Arbeitszeit vorzubringen, kann dies in Bezug auf die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit aber gelingen, wie die Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer aber spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der neuen Arbeitszeit sowie deren Verteilung in Textform entweder seine Zustimmung oder seine Ablehnung mitteilen. Versäumt er dies, so gilt die beantragte Verringerung sowie deren Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers, § 8 Abs. 5 TzBfG.
ANG-Wirtschaftsdaten September 2023
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Aktuelle Zahlen der Verbraucherpreise
