Telefonische Krankschreibung
Für eine Krankschreibung müssen Patientinnen und Patienten ab heute nicht mehr zwingend in die Arztpraxis kommen: Sofern keine Videosprechstunde möglich ist, kann nun auch nach telefonischer Anamnese eine Arbeitsunfähigkeit wieder bescheinigt werden. Dabei gilt jedoch: Die Patientin oder der Patient muss in der jeweiligen Arztpraxis bereits bekannt sein. Zudem darf keine schwere Symptomatik vorliegen, denn in diesem Fall müsste die Erkrankung durch eine unmittelbare persönliche Untersuchung abgeklärt werden. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann die Ärztin oder der Arzt nach telefonischer Anamnese die Erstbescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit für bis zu 5 Kalendertage ausstellen. Die Details für eine telefonische Krankschreibung beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute in seiner öffentlichen Sitzung.
Besteht die telefonisch festgestellte Erkrankung fort, muss die Patientin oder der Patient für die Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit die Arztpraxis aufsuchen. Im Fall, dass die erstmalige Bescheinigung anlässlich eines Praxisbesuchs ausgestellt wurde, sind Feststellungen einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit auch per Telefon möglich. Ein Anspruch der Versicherten auf eine Anamnese und Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Telefon besteht nicht.
Der Beschlusstext mit den Regelungsdetails wird in Kürze unter folgendem Link veröffentlicht:
Arbeitsgerichtliche Auflösung eines Betriebsrats
Es gibt auch einmal aus Sicht eines Arbeitgebers eine erfreuliche Entscheidung. So hat das Arbeitsgericht Elmshorn einen Betriebsrat des Arbeitgebers aufgelöst. Es stellte fest, eine Vielzahl von Pflichtverstößen kann zur gerichtlichen Auflösung des Betriebsrats führen. So kann ein Betriebsrat gem. § 23 Abs. 1 BetrVG auf Antrag durch das Arbeitsgericht aufgelöst werden, wenn er objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten verstößt. Auch wenn einzelne Verstöße zwar für sich genommen noch keine Auflösung rechtfertigen, kann sich aus der Gesamtschau mehrerer Gesetzesverstöße die Untragbarkeit der weiteren Amtsausübung ergeben. Als Verstoß kommt beispielsweise die grundsätzliche Missachtung der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit in Frage, so ArbG Elmshorn, Urt. v. 23.08.2023 – 3 BV 31 e/23, Pressemitteilung v. 24.11.2023.
Zugang einer als „Einwurf-Einschreiben“ versandten Kündigung
Immer wieder werden Fragen an uns herangetragen, ob und wie man ein Kündigungsschreiben rechtssicher einem zu kündigenden Mitarbeiter zustellt. In vielen Fällen entscheiden sich Arbeitgeber dies mittels eines „Einwurf-Einschreibens“ durchzuführen. Hierzu hat das LAG Nürnberg eine interessante Entscheidung getroffen:
Der ordnungsgemäße Auslieferungsbeleg mit der Unterschrift eines Postbediensteten erbringt den Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Schreibens zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten (so LAG Nürnberg, Urt. v. 15.06.2023 – 5 Sa 1/23- jedoch noch nicht rechtskräftig).
Hintergrund der Entscheidung war, die Parteien streiten über den Zugang einer ordentlichen Kündigung. Die 1986 geborene Klägerin war seit dem 01.04.2021 bei ihrem Arbeitgeber zu einem Vierteljahresbruttoeinkommen i. H. v. 30.272,70 EUR als Zahnärztin beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist eine vierteljährliche Kündigungsfrist zum Quartalsende vereinbart worden.
Mit Schreiben vom 28.09.2021 kündigte der Arbeitgeber das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2021. Das Kündigungsschreiben wurde entsprechend dem Zustellungsnachweis der Deutsche Post-AG vom 30.09.2021 der Klägerin zugestellt. Mit ihrer beim Arbeitsgericht eingegangen Klage beantragt die Klägerin die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Arbeitgebers vom 28.09.2021 nicht zum 31.12.2021, sondern erst zum 31.03.2022 aufgelöst worden ist.
Nachdem das angerufene Arbeitsgericht die Klage abwies hat die Klägerin dagegen Berufung eingelegt. Das mit der Berufung befasste Landesarbeitsgericht Nürnberg hat nun entschieden, dass die ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitgebers am 30.09.2021 zugegangen ist und damit das Arbeitsverhältnis der beiden Parteien zum 31.12.2021 aufgelöst wurde. Es stellte dar, wird ein Kündigungsschreiben per Einwurf-Einschreiben übersendet und legt der Absender den Einlieferungsbeleg und die Reproduktion des Auslieferungsbelegs mit der Unterschrift des Zustellers vor, spricht der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Schreibens beim Empfänger. Der Auslieferungsbeleg der Deutsche Post-AG mit der Unterschrift des Zustellers erbringt aber auch den Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Schreibens zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten. Die Zustellung erfolgte durch einen Mitarbeiter der Deutsche Post-AG und nicht durch einen anderen Versanddienstleister oder -boten. Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Mitarbeiter die Zustellungen im Rahmen seiner ihm zugewiesenen Arbeitszeiten vornimmt. Die dem jeweiligen Zusteller zugewiesenen Arbeitszeiten prägen damit regelmäßig auch die ortsüblichen Zustellzeiten. Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung ist damit zu rechnen, dass bei Hausbriefkästen im allgemeinen eine Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten erfolgt. Der Klägerin obliegt es damit, Sachverhalte aufzuzeigen, dass das Kündigungsschreiben außerhalb der gewöhnlichen Postzustellzeiten in ihren Briefkasten gelangt ist. Hierfür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Das Kündigungsschreiben ist ihr damit am 30.09.2021. zugegangen. Die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten hat das zwischen den beiden Parteien bestehende Arbeitsverhältnis damit zum 31.12.2021 aufgelöst.